Samstag, 24. August 2013

Dafuq des Tages - Batman und die 30.000


Glaube an die Menschheit - wieder mal zutiefst erschüttert…
So sehr, dass ich mir einen mächtigen Facepalm mithilfe meiner Schreibtischplatte einfach nicht ersparen kann.
Aber kommen wir erst einmal zu den Fakten…

Ben Affleck ist der neue Batman.
Und wer jetzt fragt, warum das irgendwen interessieren sollte, hat schon einen großen Stein bei mir im Brett. Aber es gibt da etwas, was auch dich, der du dich einen Scheiß für so einen Scheiß interessierst, betrifft.

Ich habe Verständnis dafür, dass man Vorlieben und Abneigungen bei Schauspielern hat. Und dass nicht jeder auf eine Rolle zu passen scheint. Ich bin auch nicht frei davon. Für mich ist beispielsweise der Idiot, der momentan den Bond spielt, sogar schlechter als Timothy Dalton es war. Und der war WIRKLICH schlecht als Bond.
Ich verstehe auch, dass manchmal ein Schauspieler so wenig auf eine etablierte Rolle passt, dass man ihm gar nicht erst eine Chance geben will. Und dass darüber heiß diskutiert wird, leuchtet mir auch ein.
Alles fein.

Wäre nun beispielsweise ein Shitstorm über den Produzenten hereingebrochen, der einen anderen Darsteller fordert, hätte ich geschmunzelt. Das wäre ein Beispiel für Verbraucher-Demokratie. Vor allem, wenn es funktioniert.
Und ich steh auf so einen Scheiß. Ich finde es geil, wenn die Verbraucher sagen, dass sie etwas wollen oder nicht wollen. Klar und deutlich und unüberhörbar. Das haben wir einfach zu selten, auch wenn es mittlerweile zunimmt.
Das ist also im Grunde eine gute Sache und keinen Facepalm oder ein Dafuq wert.
ABER…

Ich bin bei change.org und zeichne Petitionen, die ich unterstützenswert finde, gerne mit. Ich war daran beteiligt, die Pläne von Zensursula zu kippen, die kleingewerbetreibenden Selbstständigen in den Ruin zu treiben und bin ein winziges bisschen stolz darauf. Und ich finde, jeder sollte sich dort hinbemühen, um eine Stimme gegen Missstände abzugeben.
Das kann man vom Sessel aus und ohne stundenlang auf der Straße zu demonstrieren. Und man tut damit wenigstens was. Man unternimmt etwas gegen Missstände. Man beteiligt sich an der Politik.
Das ist GUT!

Leider gibt es für viele Petitionen noch viel zu wenig Unterstützung. Wenn gerade einmal die Menge erreicht wird, die überhaupt nötig ist, um offiziell angehört zu werden, ist noch nichts gewonnen. Würden manche Petitionen hingegen mal von mehreren Millionen Leuten gezeichnet werden, käme das schon fast einem Volksentscheid nahe und könnte nicht mehr einfach ignoriert werden. Dazu gibt es sogar Gesetze in Deutschland.
Ich sehe also, wie manche Petitionen um Unterzeichner ringen und scheitern. Obwohl sie es verdient hätten erfolgreich zu sein. Obwohl es im Interesse von Millionen Bürgern sein müsste, die aber zu faul, zu uninformiert oder einfach ahnungslos sind.
Was mich zu der irrigen Annahme veranlasst hat, dass noch immer einfach zu wenig Leute sich mit der gesamten Thematik von Online-Petitionen auseinandersetzen.

Aber das ist falsch. Das ist ein Trugschluss und ich kann es beweisen.
Die Petition ‚Entfernt Ben Affleck als Batman/Bruce Wayne vom Superman/Batman Film‘ hat in vierundzwanzig (that’s 2 4) Stunden über 30.000 Unterzeichner eingefahren.

O.O
Dafuq?!?
-.-

Binnen eines Tages finden sich fucking dreißigtausend Menschen, die strikt dagegen sind, dass irgendein Hansel irgendeine Rolle spielt.
Aber wenn es mal um was REALES geht, dann dümpelt eine Petition für die Aufklärung von und den Schutz vor Polizeigewalt in NRW bei 15.000 Unterstützern und hat selbst dafür fast schon Wochen gebraucht.

Frage an die Menschheit:
Are u fucking KIDDING me???

Es gibt verdammt noch mal hunderte oder tausende Petitionen und Projekte, die von einer einfachen Stimme mächtig profitieren könnten. Gegen Gewalt, Hunger, Lügen, Mord und was weiß ich nicht noch alles. Gegen politischen Betrug, Volksverarsche und Verschwendung. Gegen Überbürokratisierung und Unmenschlichkeit. Gegen all die Dinge, die in unserer Gesellschaft an der Tagesordnung sind.
Und all diese Einzelprojekte ringen um Unterstützung. Sie bräuchten nur genug Stimmen aus dem jeweiligen Volk, um eine Anhörung zu ERZWINGEN. Weil die Politik dem Gesetz nach gewisse Dinge nicht ignorieren DARF.

Aber eine verfickte Petition zum Thema, wer der nächste scheiß BATMAN sein soll, wird von jedem Hansel gezeichnet, der Internet hat, oder was??
Dafuq?!? Ich packs nicht!

Was stimmt nicht mit der Menschheit?
Wie konnte es so weit kommen, dass Projekte rund ums Thema Menschlichkeit keinen Schwanz mehr interessieren, während fiktive Charaktere die Präsidentschaftswahl gewinnen, weil sie so viele Fans haben?
Bin ich echt der Einzige, der da einfach nur noch Mund und Augen aufklappt und es nicht fassen kann??

Meiner Meinung nach sollte man jeden der Unterzeichner dieser Petition für eine Woche nach Kairo oder einen anderen Brennpunkt in Afrika schicken. Ohne Pass und Gepäck in eine Kriegszone.
Warum? Damit die verschissenen Prioritäten dieser Menschen mal gerade gerückt werden, dafuq!

Ich erwarte echt nicht, dass sich jeder Tag für Tag mit dem Leid von Menschen auseinandersetzt, denen es dreckig geht. Daran kann man kaputt gehen. Das muss wirklich nicht sein.
Es gibt nämlich die Möglichkeit, selbst aus der Gemütlichkeit der sicheren vier Wände in unserer westlichen Welt etwas zu unternehmen. Man kann mithelfen, indem man seine Stimme vergibt. Und damit das Leid anderer Menschen lindern. Vielleicht sogar dauerhaft, wenn endlich genug Menschen nicht etwas ihren Arsch, sondern einfach nur ihre verfickten Wurstfinger mal nicht 24/7 in ihre Unterhose stecken, sondern einfach mal eine sinnvolle Petition mitzeichnen.

Aber nööö
Wichtig ist nur, wer den beschissenen Batman spielen wird. Und danach kommt Fußball. Da ist der Ball noch rund und das Tor hat vier Ecken. Da gibt’s keinen Hunger und keinen Krieg.
Wenn Ben Affleck nicht Batman spielt - und die Chancen stehen ja sogar ganz gut, denn welches Studio kann es sich leisten. Klare und eindeutige Zuschauerwünsche völlig zu ignorieren - dann ist die Welt wieder in Ordnung. Dann ist alles gut und wir können zur Tagesordnung übergehen.
Weltfrieden ftw! Schließlich gehören Krisengebiete ja nicht zur Erde, sondern zum Mars…

Ganz ehrlich?
Weltfrieden? Fuck the world!

In diesem Sinne…
…einen fröhlichen Fußball-/Film-/Grillabend noch.

Schließlich geht es uns Menschen auf diesem Planeten ja allen sooo gut, dass wir keine anderen Sorgen haben, als welcher Darsteller den scheiß Batman spielen wird…


Montag, 19. August 2013

Regenbogenmomente - Fremde Freude


Ein seltsamer Abend war das.
Ein älteres Mitglied der Familie singt in einem Shanty-Chor und sich ewig zu drücken kommt auch blöd. Da eine Freundin des Chormitglieds aus der Schweiz auch noch zu Besuch war und man sich noch nicht kannte, war ich also gerade für zwei Stunden in einem Hotel, wo ich mir den Chor angehört habe. Zusammen mit insgesamt drei Bussen voller Rentner, für die das ihr abendliches Entertainmentprogramm war.

Um mich nicht missverständlich auszudrücken: Ich habe nichts gegen Shantys. Ich war Seemann, ich werde die See immer ein wenig lieben und solche Musik erinnert mich daran. Das ist fein.
Lieber als ausschließlich deutsche Seemannslieder ist mir ein gemischtes Programm. Aber ich schätze auch die deutschen Lieder, weil ich mit den Marinetraditionen vertraut bin und sie einen sicheren Platz in meinem Herzen haben.
Meine geringe Vorfreude hatte also eher mit dem Ambiente des Events zu tun. Und auch damit, dass ich noch nicht wusste, wie die Besucherin aus der Schweiz sein würde. Und natürlich damit, dass man von mir hinterher erwarten würde, meine Meinung zur Sangeskunst abzugeben und dergleichen. Etwas, dem ich - zu Recht - nicht mit Freuden entgegenblickte, denn es ist kein Profi-Chor. Eindeutig nicht.

Alles in allem lief das Event dann auch wie erwartet. Was nicht unerfreulich, aber auch keinen Blogpost wert gewesen wäre - wäre da nicht diese eine Sache gewesen. Aber eins nach dem anderen…
Die Gesellschaft der Damen war wie erwartet angenehm. Wir hatten anfangs Spaß dabei, die Sache nicht ganz ernst zu nehmen. Was bei der Rampensau auf Speed, Koks und Klebstoff, die den Chorleiter mimt, auch schwergefallen wäre.
Der Gesang war laut, aber die Lieder waren erkennbar. Und wir waren nicht die Einzigen, die sich ganz diskret den einen oder anderen Spaß gönnten und über einen Insider lachten.

Das war es, was ich von dem Abend erwartet habe. Inklusive eines indifferenten Lobs für den Chor am Ende, weil ich ihnen ja schlecht sagen kann, dass sie nicht gerade Santiano sind. Immerhin waren sie enthusiastisch, laut und haben einige Töne getroffen.
Aber auf dem Heimweg bin ich beinahe in Tränen ausgebrochen. Und das kam so... :

Da war dieser alte Mann.
Eventuell war er einer der Busreisenden. Aber ich glaube eher, dass es ein Einheimischer war. Küsten-Urgestein. Weniger ein waschechter Friese als eher ein alter Seemann. Von der Marine-Sorte. Also nicht mit Friesenmütze, sondern ganz normal angezogen. Wie ein Opa eben.
Schon früh hörte ich ihn einmal mitsingen, weil er eine sehr helle Singstimme hatte. Ein etwas zittriger Sopran oder so…
Offensichtlich kannte er die Lieder. Er war voll dabei. Und er sah so glücklich dabei aus.

Es war ihm nicht peinlich, mitten im Blickfeld aller anderen Anwesenden vor dem Chor zu stehen und mitzusingen. Auch wenn er sich mal versungen hat (oder - was ich nicht ausschließen will - der Chor beim Text getorft hat und er das richtige Original kannte.)
Er wippte und schunkelte mit und da war dieser Glanz in seinen Augen. Der Glanz glücklicher Erinnerungen.

Es tat mir so… weh, als er einmal mitten in eine einsekündige Stille hinein einen falschen Einsatz machte.
Er blickte sich um und es lachten so einige lauter oder leiser darüber. Nicht unbedingt hämisch. Nur amüsiert. Aber eben doch über eine Peinlichkeit, was dem alten Mann nicht entging. Auch wenn er es sofort abschüttelte.
Es tat mir von Herzen weh, dass die Leute von seinem Verhalten eher ein wenig peinlich berührt waren. Weil er… so glücklich war. Weil ich mir tausendprozentig sicher bin, dass er in Erinnerungen schwelgte.

Dieser Mann war alt genug, um noch in der Kriegsmarine gedient zu haben. Und ich scheiße gerade mal auf alles, was Schlimmes in Weltkrieg passiert ist. Ich denke jetzt nur an einen jungen Mann von vielleicht 20 zum Kriegsende, der bei der Marine war.
Diese Lieder von heute Abend… Er hat sie gesungen, als jedes Kind sie kannte. Als sie erfunden wurden.

Wenn er von dem Liebchen in jedem Hafen singt oder von Ausflügen auf die Reeperbahn, dann erinnert er sich. Vielleicht gab es diese Liebchen in fremden Häfen für ihn. Vielleicht könnte er heute noch ihre Namen nennen. Sogar Fotos zeigen. Alte, vergilbte, abgewetzte Fotos von rauen, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit schon tot sind.
Diese Lieder erinnern ihn an seine Jugend. An eine Zeit als er noch gesund und kräftig war. Als er zur See fuhr und das Meer liebte. Als er ein Seemann war - und stolz darauf.
In seinen Augen konnte man eine Million Erinnerungen sehen. Zu jedem Lied andere. Weil diese Lieder eine Bedeutung für ihn haben. So wie viele Lieder aus meiner Lebenszeit eine für mich haben.

Wenn dieser Shanty-Chor diesen alten Mann noch einmal in seine Jugend zurückkehren lässt und er im Geiste noch einmal ein junger Mann ist, während die Sänger ihn wohlwollend in ihren Umtrunk einbeziehen…
Wer bin ich, solche Chöre dann albern zu finden?
Wer bin ich den Kopf zu schütteln, als der alte Mann nach Ende der Veranstaltung einigen Chormitgliedern seine eigenen Sangeskünste vorführte? Auch wenn es schräg und seltsam klang, weil er so hoch sang. Auch wenn ich die pikierten Gesichter einiger anderer Gäste der Veranstaltung im Grunde verstehe. Auch wenn ich es selbst ein klein wenig peinlich fand.

Ich meine…
Who the fuck cares?
Hat dieser Mann nicht das Recht, auch mal in seinen Erinnerungen schwelgen zu dürfen? Sollten wir nicht eher zuhören, wenn er ins Schwärmen kommt? Immerhin kann er uns Dinge erzählen, die in keinem Geschichtsbuch stehen. Und die verloren sein werden, wenn er stirbt.
Er hat erlebt. Und seine Erinnerungen sind ebenso wenig die Wahrheit, wie die Geschichtsschreibung die exakte Wahrheit aufzeichnet. Allein schon, weil Wahrheit immer im Auge des Betrachters liegt.

Ich hätte diesem Mann gerne die Hand geschüttelt. Hätte ihn gerne vom Kamerad zu Kamerad gegrüßt und ihn gefragt, auf welchem Schiff er gefahren ist. Kameradschaft mit ihm geteilt. Einfach nur, damit er weiß, dass er noch immer ein Teil des Kreises ist. Ein Seemann. Egal wie lange das her sein mag.
Aber er war so glücklich. Und was für ein Recht hätte ich gehabt, ihn mit meinem beschissenen Mitleid zu belästigen, weil ich immer daran denken musste, was er alles verloren haben muss.
An jedem anderen Tag - immer, wenn der junge Mann, der er einmal gewesen ist, ihm gerade ferner ist als an diesem Abend - wäre es das Richtige, denke ich. Alte Menschen sollten nicht einsam sein. Und sie können zum Lohn für ein wenig Gesellschaft so viel von ihren Erinnerungen teilen.
Aber heute wäre es nicht richtig gewesen. Mein Mitleid brauchte der alte Mann nicht. Er war für diesen Moment zufrieden mit der Welt, denke ich. Alles war gut und es war schön, alt zu sein und all die guten Erinnerungen zu besitzen.

Vielleicht ist es angesichts dessen irgendwie schräg, dass ich auf der Heimfahrt traurig war.
Vielleicht auch nicht…

Ich musste jedenfalls noch nicht einmal an all die Großeltern denken, die ich nicht mehr habe und die so viel zu erzählen gehabt hätten. Und auch nicht an die, die noch leben und die ich vielleicht nicht oft genug besuche, aber immerhin so oft es irgend geht. Oder mit ihnen wenigstens telefoniere.
Sind ja nur noch zwei Omas, von denen eine nicht einmal meine ist…

Nein, ich musste an die mögliche Vergangenheit des alten Mannes denken. Scheiß Fantasie eines Autoren, die mir da in die Quere kam.
Ich kann mir so leicht ausdenken, welche ‚Abenteuer‘ er im Laufe der Zeit erlebt hat. Welche Frauenbekanntschaften er hatte und wie sie verlaufen sind. Und wie all das heutzutage für ihn im Nebel der Vergangenheit hinter dem Horizont versunken ist, wenn er nicht gerade an einem solchen Abend durch Musik daran erinnert wird.

Vielleicht ist dieser Mann kein netter Mensch. Aber er ist ein Mensch. Und er hat es verfickt noch mal nicht verdient, allein an einem Tisch zu sitzen, während alle anderen Gesellschaft haben.
Egal was er einmal verbrochen haben mag. Das ist nicht fair. Eine Einzelzelle im Kerker der Einsamkeit verdient niemand.
Und deswegen bin ich traurig und gleichzeitig froh, dass dieser alte Mann heute einen schönen Abend hatte. Deswegen schäme ich mich für meine Verächtlichkeit, mit der ich diesen Shanty-Chor bedenke. Denn ohne diesen Chor hätte der alte Mann heute keine Erinnerungen gehabt, die ihn glücklich machten.

Deswegen ist das hier ein Regenbogenmoment.
Nicht für mich, weil ich gerade auch keinen verdiene.
Es ist einer für diesen alten Mann gewesen. Und ich gönne ihm den von Herzen!

Vielleicht denkst auch du, lieber Leser oder liebe Leserin, mal darüber nach, wenn du dich das nächste Mal über einen alten Menschen ärgerst, der sich der Geschwindigkeit unserer Zeit nicht anpasst. Oder, der sich seltsam verhält, weil er viele Jahrzehnte hatte, um sich schlechte Angewohnheiten anzulegen oder Bitterkeit anzuhäufen.
Alle diese Menschen haben eine Geschichte. Und alle haben hin und wieder einen Regenbogenmoment verdient.

Und es ist fucking bitter, dass schon ein einfaches Gespräch, bei dem ihnen jemand zuhört und sie erzählen lässt, oftmals so einen Regenbogenmoment darstellt…

Keine Ahnung, ob ich jetzt zu philosophisch werde. Also belasse ich es lieber dabei.

In diesem Sinne…
…jedem einen Regenbogenmoment von Zeit zu Zeit wünsche ich.

Donnerstag, 15. August 2013

Thoughts on - Serienkontinuität


Schweres, böses Wort - ich weiß. Aber irgendwie muss ich manchmal lange Überschriften in kurze Titel quetschen.
Eigentlich müsste es eher heißen: Kommt mir das nur so vor oder war früher einiges anders und nicht unbedingt schlechter mit den Drehbuchautoren einer guten Fernsehserie? Ihr wisst schon… Damals… Nach’m Krieg, als eine Serie noch nicht Staffel für Staffel erst dann weiterproduziert wurde, wenn die vorherige Staffel mindestens das fuffzigfache ihrer Produktionskosten eingespielt hatte und trotz schrägem Sendeplatz noch genug Einschaltquote macht…

Ich gebe offen zu, dass es möglicherweise daran liegen mag, dass ich alt werde. Zumindest den Jahren nach nähere ich mich den Vierzig und dementsprechend habe ich solche Dinge erlebt wie die Erstausstrahlung von Star Trek TNG im deutschen Fernsehen. Oder auch das erste Handy, für das man keinen übergroßen Koffer brauchte, sondern nur eine Umhängetasche.
Ich fühle mich zwar nicht alt, aber manchmal spüre ich das Alter dann doch. Metaphorisch gewissermaßen, wenn ich feststelle, dass sich Dinge verändert haben. Und um es ehrlich zu sagen nicht immer zum Bessern. Womit ich jetzt echt nicht auf dem ‚früher war alles besser‘ Ding rumreiten will.
Just sayin‘.

Serien sind eine Angelegenheit, der ich positiv gegenüberstehe. Große Kinofilme sind eine Sache - eine wirklich tolle Sache - aber Serien haben eigene Vorzüge. Sie erlauben, eine Gruppe von Charakteren kennenzulernen und ihre Abenteuer längerfristig mitzuerleben. Sie erlauben mehr Tiefe bei der Charakterentwicklung und bieten einfach mehr Raum für Dinge, die in Filmen manchmal zu kurz kommen müssen. Und sie können einen lange begleiten.
Ich mag Serien. Besonders, wenn die Charaktere und Plots unterhaltsam und vielleicht auch intelligent gestaltet sind. Wenn es nicht nur platte Witze gibt, sondern auch einige, die man als subtil bezeichnen kann. Und wenn man spürt, dass in den Charakteren wirklich Mühe steckt.
In gewisser Weise erinnern mich manche Serien an mein altes Hobby - das sogenannte Pen & Paper Rollenspiel, bei dem man hoffnungslos vereinfacht seine eigenen Serien mit Freunden dreht und keine Budgetbeschränkungen hat, weil die Special Effects einfach in der Fantasie stattfinden.

Ich kann und will Serien benennen, die mir persönlich wirklich etwas gegeben haben. Sei es, weil sie einfach eine für mich interessante Sache thematisieren, weil sie gut gemacht sind oder weil die Charaktere einfach Zucker sind.
Stargate Atlantis mit seiner Crew beispielsweise ist ein Paradebeispiel für Letzteres. Nachdem ich mich dem Stargate-Franchise lange verweigerte (second thoughts wegen der blöden Art, wie sie aus dem Film eine Serie machen mussten) habe ich mich binnen einer Handvoll Folgen dutzendfach verliebt und möchte seitdem einen Rodney McKay als Haustier - der mir noch immer nicht geliefert wurde!
Oder King of Queens, die wilden Siebziger und How I Met Your Mother, die mich - in dieser Reihenfolge - begeistert und zum Lachen gebracht haben, ohne nur aus der untersten Niveauschublade zu greifen. Mit durchaus intelligenten Witzen und einer wirklich ansprechenden Art, Klischees aufzugreifen. Und mit tollen Darstellern.
Oder neuere Sachen wie The Walking Dead oder Game of Thrones, die wirklich toll ihre jeweiligen Sparten ausfüllen. Viel besser als Xena oder Herkules mit Kevin Sorbo - der kein glückliches Händchen bei seinen Rollen zu haben scheint - beispielsweise.

Kurz gesagt: Es gibt reichlich Serien, die mein Gefallen gefunden haben. Ich bin sogar zeitweise mit Charmed oder gar Buffy warm geworden und würde noch immer jederzeit verargumentieren, wann letztgenannte Serie einen Schritt in die echte Erwachsenenunterhaltung gemacht hat und nicht mehr nur eine eher flache Teenieserie war. Was übrigens ganz klar an Joss Whedon liegt, der schon ein ziemlich cooler Drehbuchautor ist… Ohne Zweifel auch ein Rollenspieler. ;-)

Klar gibt es auch Sachen, mit denen ich nicht viel anfangen kann. Ob ich eine Folge CSI Großwafelsdorf gesehen habe oder nicht, hat für mich noch nie einen Unterschied gemacht. Es flasht mich einfach nicht. Und ich verstehe auch nicht, wie ein Dutzend praktisch inhaltlich fast gleicher Serien nebeneinander bestehen können. Aber das muss ich ja auch nicht.
Das schöne an der Serienwelt ist, dass es im Grunde für jeden etwas gibt. Bei der unglaublichen Vielfalt wird praktisch jeder Geschmack bedient und man kann darauf hoffen, dass selbst beim schlimmsten Mainstream noch ein wenig Mühe drin steckt, weil Serien mittlerweile ein durchaus großes Geschäft sind.
Wenn da also Ramsch rauskommt, ist es oft genau so geplant und hat vielleicht sogar trashigen Stil. Oder es war wirklich mal eine Bauchlandung. Kommt auch mal vor.

Die Welt der Fernsehserien ist also bunt und vielfältig und alles scheint gut. Aber leider, leider ist das doch nicht ganz so. Leider lauern teletubbieförmige Schatten im Hintergrund und verdunkeln die Landschaft mit ihren Unformen, wenn ich mal eine völlig beknackte Metapher bemühen darf.

Das erste Mal mit der harten Realität in Konflikt gekommen bin ich vor langer Zeit, als die Serie Space 2063 nach einer Staffel eingestellt wurde. Zugegebenermaßen ist das etwas, was einfach passiert. Manchmal floppt eine Serie ganz einfach und ich habe schon reichlich anderen Serie nicht eine Träne deswegen nachgeweint, weil ich sie doof fand.
Aber selbst betroffen sah ich das natürlich ganz anders. Und irgendwo musste ein bestimmtes Muster ja auch seinen Anfang nehmen, damit ich es schließlich erkennen konnte.

Fernsehserien wurden früher mal produziert, weil jemand meinte, eine Geschichte zu erzählen zu haben. Gene Roddenberry ist das Paradebeispiel dafür. Er erschuf Star Trek nicht, weil er Raumschiff Orion blöde fand. Er hatte eine Vision von einer möglichen Zukunft der Menschheit, in der sie Gier, Hass Neid und Habsucht hinter sich gelassen hat. Und diese Vision wollte er teilen.
Er hatte Erfolg. Aus unzähligen, verschiedenen Gründen. Und Star Trek hat eindeutig nicht nur meine Generation begleitet, sondern auch die davor und vielleicht auch noch die danach. Auch wenn ich jetzt die Befürchtung habe, dass sein Traum langsam ausgeträumt ist und in Vergessenheit gerät und nur noch das Logo verwendet wird, um weiter Kohle zu scheffeln.
Aber das ändert nichts daran, dass Star Trek über eine Reihe von Serien mit einer Menge Staffeln Millionen Zuschauer erreicht hat und eine wahnsinnige Fanbase vorweisen kann. Und hierbei reden wir von Langzeitfans, die mit sechs angefangen und mit sechsundfünfzig noch nicht aufgehört haben, sich einen bunten Pyjama anzuziehen und Sternenflottenoffizier zu spielen.

Hätte man Star Trek damals bei der Original Series und TNG so behandelt, wie man es heute mit Serien tut, wäre das aber nicht passiert. Damals wurde zwar auch schon geschaut, ob eine Serie ankommt. Aber wenn sie nicht völlig floppte, gab man ihr etwas Zeit und drehet sie eine Weile. Man investierte in ein gutes Produkt und ließ es seine Wirkung entfalten.
Und man plante eine Serie so, dass man sie eine gute Zeitlang zeigen konnte. Man hatte vielleicht keine ganzen Staffeln in Drehbuchform vorliegen, aber es gab einen groben Plan, wohin die Reise gehen sollte. Meist, weil der Erfinder der Idee mit in der Sache drinsteckte.

Ja. Das führte dazu, dass die Serien damals manchmal ihre Halbwertzeit überschritten und man den optimalen Moment für das Ende verpasste. Und auch dazu, dass sie manchmal mehr halbgar mit Episoden aufgefüllt wurden, die nicht die beste Qualität hatten, um die Staffeln vollzukriegen.
Aber rückblickend betrachtet hat auch das seinen Charme.

Heutzutage läuft der Hase jedoch anders. Ganz und gar anders.
Heute wird von einer Serie die erste Staffel gedreht und auf den Markt geworfen. Erreicht sie eine magische Marke, wird eine weitere Staffel gedreht. Erreicht sie diese Marke nicht innerhalb eines festgelegten Zeitraums, ist sie tot.
Und dabei ist völlig gleichgültig, ob besagte Serie dann einige Wochen später plötzlich durchstartet. Ob sie einfach etwas Anlaufzeit brauchte, weil sie vielleicht ein spezielles Publikum hat. Wenn da nicht zufällig der Megahype ausbricht, wird so ein totes Pferd kaum noch angefasst.
Als Messlatte für solche neuen Serien gelten üblicherweise die gerade erfolgreichsten Formate der jeweiligen Sender. Wenn also eine Science-Fiction Serie zur Primetime nicht genug CSI-Zuschauer abwirbt, ist sie raus. Einfach nur die Produktionskosten doppelt oder dreifach einspielen reicht nicht aus. Da muss mehr kommen.

Das führt dazu, dass wirklich gute Ideen nach einer Staffel hinten runter fallen. Und es führt ehrlich gesagt bei mir als Deutschem, der sowieso nur bekommt, was der amerikanische Markt abgesegnet hat, zu einer etwas kontraproduktiven Einstellung.
Was soll ich mir eine Staffel anschauen, die mich vielleicht begeistert, wenn ich nicht weiß, ob die Geschichte auch fertig erzählt wird? Erste Staffeln enden schließlich nicht mit einem schlüssigen Ende für einen Teil einer Erzählung, sondern einem Cliffhanger, der mich für die zweite Staffel anfixen soll.
Nur… wenn es keine zweite Staffel gibt, kaue ich mir umsonst die Nägel blutig. Also warte ich doch lieber, ob eine Fortsetzung überhaupt stattfindet, bevor ich eine Serie anfasse.

Kontraproduktiv ist das deswegen, weil ich damit nicht zur Einschaltquote beitrage, die den Erfolg einer Serie bestimmt. Wenn ich sie nicht schaue und vielleicht auch im Netz mein Wohlgefallen ausdrücke, ist das eine Stimme weniger, die dazu beträgt, dass die Dreharbeiten fortgesetzt werden.
Aber… Fuck me! Ich habe einfach keine Lust mir etwas anzuschauen, von dem ich nie weiß, ob ich die ganze Geschichte erfahren werde. Ich will mich auch Charaktere und Handlung einlassen dürfen. Und ich will verflucht noch eins kein Jahr auf die nächste Staffel warten.
Ich bin schließlich kein Versuchstier für die Fernsehsender. Die verdienen genug, also können die gefälligst auch mal ein kleines Risiko eingehen. Zumal sie ja wirklich in den allermeisten Fällen zumindest die Kosten wieder eingespielt kriegen. Selbst bei Flops.

Es nervt mich also, dass heutzutage nur noch bestimmt, wie viel Reingewinn eine Sache einbringt. Eine Idee zählt nicht mehr, und wenn sie eine Weile braucht, um ihre Wirkung zu entfalten, ist sie schon grad völlig uninteressant.
Intelligente Serien müssen sich am Erfolg von billiger Comedy messen lassen und versagen natürlich, denn je weniger Hirn benötigt wird, desto weniger Leute schalten ein. Science-Fiction und Fantasy werden mit Familienunterhaltung verglichen und haben naturgemäß weniger Anhänger, also sind sie weniger interessant und finden nicht statt.
Sicher gibt es Gegenbeispiele. Aber die sind rar, wenn man es mal genau betrachtet. Und sie basieren letztlich auch immer auf einem Hype. Was übrigens funny ist, denn das Lied von Eis und Feuer gibt es schon ziemlich lange und erst jetzt wird eine Serie daraus gemacht. Also brauchte das Buch ja offenbar auch eine Weile, bevor es seinen Kultstatus erlangte, duh?!

Aber gut. Wäre schön, wenn das die einzige Sache wäre, die mir zu schaffen macht, denn wenn ich sonst keine Sorgen hätte, wäre mein leben toll. Nur leider ist es noch nicht einmal die einzige Sache, die mich an diesem Thema nervt…
Da ist nämlich noch die Geschichte mit den Endlosfortsetzungen, die mich auch oft genug dazu bringt, den Kopf auf die Tischplatte schlagen zu wollen.

Paradebeispiele hierfür gibt es viele. Charmed und Buffy ebenso wie Lost.
Der Knackpunkt ist: Wenn eine Serie erfolgreich ist, wird eine weitere Staffel gedreht. Egal, ob das noch Sinn macht. Egal, ob die Charaktere logisch betrachtet alle ausgelutscht sind und eigentlich Suizid begehen müssten, weil sie noch eine Runde in ihrem Karussell kaum noch ertragen können. Egal, ob die Story auch nur noch den geringsten Sinn ergibt.
Manche Serien sind in ihren letzten Staffeln eine bittere Schande für die Autoren und Verantwortlichen. Weil sie einfach alles verloren haben, was die Serie mal ausgemacht hat. Weil sie totgerittene Pferde sind, auf denen noch immer ein Jockey rumjuckelt, um doch noch einen Zuschauer zu langweilen.

Um wieder den Bogen zu meinem alten Hobby - dem Rollenspiel - zu schlagen: Eine Geschichte braucht Zeit, um Fahrt aufzunehmen. Sie braucht eine Einleitung, in der man die Handelnden kennenlernt. Und dann kann sie je nach Story durchaus schnell epische Dimensionen erreichen.
Und epische Geschichten sind großartig. Sie können herrlich bewegend sein und viel Action, Drama und Spaß bieten. Es sind tolle Geschichten, die ich mir gerne anhöre oder ansehe.
Aber wenn der größte Schurke besiegt ist und die Welt gerettet wurde, dann ist die Geschichte vorbei. VORBEI.
Ein Epilog ist dann vielleicht noch eine wirklich schöne Sache, aber das sollte es dann gewesen sein.

Serienmacher verstehen das nicht. Drehbuchautoren wahrscheinlich meistens schon, weswegen sie ausgetauscht werden, wenn sie Mucken machen. Was sich dann wiederum auf die Charaktere auswirkt, aber ich schweife ab.
Ich kann nicht sagen, wie viele Serien ich gesehen habe, die ihren Absprungpunkt verpasst haben. Bei denen noch eine Staffel gedreht wurde und man schaltete hoffnungsvoll wieder ein, weil man es nicht wahrhaben wollte. Nur um dann Folge für Folge mehr die Lust zu verlieren und es schließlich bleiben zu lassen. Was dann letztlich dazu führt, dass eine großartige Serie ein jämmerliches Ende in einer letzten, halb gedrehten Staffel findet, die abgebrochen wird, weil keiner mehr einschaltet.
Zurück bleibt der bittere Beigeschmack, etwas Tolles elendig verrecken gesehen zu haben, nachdem es in die Gosse abgerutscht ist. Yay!

In Kombination sind diese beiden Faktoren ein binäres Gestirn, unter dem praktisch jede Serie heutzutage steht. Manchmal schaffen sie es, eine Geschichte zu erzählen und gut. Aber bei manchen Serien denke ich mir von vorneherein: Was wollen die machen, um diese Geschichte über mehr als zwei oder drei Staffeln zu strecken? Und will ich das wirklich erleben? Oder schaue ich lieber gar nicht erst hin?
Künstlich gedehnte Handlungen, bis zur Unkenntlichkeit um 720 Grad verdrehte Charaktere und völlige Diskontinuität sind fast schon von Anfang an zu erkennen. Und so machen Serien dann irgendwie keinen Spaß mehr.

Aber am Schlimmsten ist das, was sie bei Kindern und Jugendlichen damit anrichten.
Die bekommen nämlich keine Geschichten mehr erzählt, die Hand und Fuß haben. Sie bekommen langgezogene, vorgekaute Kaugummis in den und gestopft und sollen einen letzten Rest Geschmack da raus lutschen.
Und aus diesen Kids sollen dann die Roman- und Drehbuchautoren der Zukunft werden. Fucking chance, duh?!


Langer Rede kurzer Sinn:
Es nervt.
Aber offenbar gehöre ich zu einer Minderheit, die es bemerkt, während der Rest sich gerne den gleichen Kriminilfall in leicht abgewandelter Form in jeder einzelnen Folge der unterschiedlichen CSI-Serien immer wieder und wieder gibt.
Das ist nicht neu, denn dieses Schema funktionierte auch schon bei Soaps und Krankenhausserien. Und es wird wohl auch weiterhin funktionieren.
Vielleicht bin ich tatsächlich langsam alt. Oder ich bin einfach zu intelligent für diese Kackwelt. Der Gedanke ist mir schon gekommen…

Es war mir jedenfalls ein Bedürfnis, mich darüber auszulassen. Offenbar ist es mal wieder ein Rant geworden. Aber who cares about labels…
Vielleicht sieht es der eine oder andere so wie ich. Vielleicht tun wir uns irgendwann zusammen und zeigen Sendern wie FOX durch reichlich Shitstorms, was wir von ihrer Politik halten. Oder vielleicht bleiben wir eine Minderheit, die wie ein überanspruchsvoller Fettfleck auf der weißen Weste der grenzdebilen Masse klebt.
Keine Ahnung.

In diesem Sinne…
…viel Spaß bei dem Versuch, in deiner gegenwärtigen Lieblingsserie noch einen roten Faden zu entdecken. Höchstwahrscheinlich wurde der nämlich schon längst zugunsten noch einer Staffel geopfert…
;-P



Mittwoch, 14. August 2013

Ranting about - Einäugiger Aktionismus


Zuerst sollte ich wohl den Titel erklären: Blinder Aktionismus ist mein Lieblingswort des Jahrzehnts. Zensursulas Versuche, den Zugriff auf das Internet für alle zu beschränken, außer für diejenigen, die sie offiziell auf dem Kieker hatte, waren Blinder Aktionismus. Und alles andere, was in die Kategorie ‚wir müssen was tun, also tun wir einfach irgendwas Sinnloses, anstatt uns die Zeit zu nehmen, etwas Sinnvolles zu fabrizieren, auch wenns ein wenig länger dauert‘, fallen natürlich ebenso in diesen Bereich.
Dementsprechend wäre einäugiger Aktionismus nicht völlig verblödete - oder ‚blind‘ - sondern nur zur Hälfte für den Arsch. Und genau so meine ich das auch.

Stein des Anstoßes ist - mal wieder - das Thema Werbung. Diesmal allerdings auf der Metaebene.
Es geht um ein kürzlich vom OLG Köln gefälltes Urteil zu einer vergleichenden Werbung eines Spülmittelherstellers.
Detailinformationen hier:


Kurz zusammengefasst hat ein Spülmittelhersteller sein Produkt mit einem anderen Produkt verglichen und es so aussehen lassen als würde das Eigenprodukt schwimmendes Fett ganz klar viel besser verdrängen als das Konkurrenzprodukt.
Dumm nur, dass es nicht das Spülmittel war, sondern simple Physik, die diesen Effekt erzielte. Weswegen die Werbe-Behauptung ganz einfach sachlich nicht korrekt war.

Aus diesem Grund wurde besagter Hersteller auch dazu verdonnert, diesen sogenannten Schauvergleich zu unterlassen. Darf jetzt nicht mehr gezeigt werden. Was an und für sich eine gute Sache ist, richtig?
Unwahrheiten in der Werbung werden also nicht toleriert und selbst Konzerne müssen sich an die Wahrheit halten. Gute Sache. Denkwürdiges Urteil. Fein?

Mööööp!
Falsch.

Ja. Der Schauvergleich selbst darf nicht mehr gezeigt werden. Weil er eindeutig unwahr ist.
Der Werbeslogan über die beste Fettlösekraft - oder sowas in der Art - darf allerdings weiterhin verwendet werden. Sowas ‚gehört einfach zur Werbung‘, heißt es. Und da fängt die eigentlich gute Sache schon an ins Negative auszuschlagen.
Schließlich ist ‚die Beste‘ eine ziemlich klare Aussage. Sie bedeutet: Nichts ist besser als dieses Produkt für die angegebene Aufgabe geeignet. Und das wäre etwas, was ich gerne glauben würde, aber nicht kann, wenn es nicht eindeutig wissenschaftlich belegt ist.
Schließlich behauptet das irgendwie jeder…

Der Schauvergleich ist also wegen Unwahrheit verboten worden. Der ebenso lächerliche Werbeslogan aber nicht. Und das macht aus einer eigentlich lobenswerten Aktion schon eine Lachnummer. Aber der tatsächliche Klopfer ist ein wenig besser versteckt. Um ihn zu erkennen, muss man erst einmal über die Sache nachdenken.
Wenn man sich eine komplette Werbepause auf einem Privatsender ansieht, (don’t try that at home!) sieht man so einige ziemlich fragwürdige Werbebehauptungen in Bild und Ton. Einige sind suggestiv, aber andere stellen schon recht klare Behauptungen auf, die man sogar durchaus leicht widerlegen könnte, wenn man vom Fach wäre.
Aber niemand verdonnert die Verantwortlichen dazu, diese Werbungen zu unterlassen.

Der Grund ist simpel: Wo kein Kläger, da kein Richter.
Wenn also nicht der Spülmittelhersteller B gegen Firma A klagt, weil in einer vergleichenden Werbung das Produkt von B schlecht aussieht - was ja blöd für Firma B ist - dann…
…interessiert es kein Schwein, ob die Werbung unwahr ist.
Kein Gericht wird von alleine aktiv, um den Haufen Bullenscheiße, der uns tagtäglich aufgetischt wird, mal zu reduzieren. Erst, wenn jemand klagt, wird der Fall überhaut beachtet.

Natürlich wäre es sauteuer, eine Kommission einzurichten, die Werbung auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft und gegebenenfalls Anzeige erstattet. Unpraktikabel…
Oder? Gibt es nicht genau sowas für die Prüfung auf jugendgefährdende Inhalte? Mir ist so, als könne ich sogar fast ein Logo von so einer Kommission sehen. Irgendwas mit FSK…
Also ist es vielleicht doch praktikabel und umsetzbar, wenn es denn als wichtig betrachtet wird.
Hmm…

So wie es derzeit steht, muss man sich als Verbraucher an die Verbraucherzentralen wenden oder selbst klagen. Und die wenigsten können sich Letzeres leisten, während Erstere einfach nicht für jeden Scheiß ein gerichtliches Fass aufmachen können. Die haben nämlich auch nur begrenzte Mittel.
Also wird nur dann was in Sachen unwahrer Werbung unternommen, wenn ein anderer Konzern seine Pfründe in Gefahr sieht. Und DAS ist dann wirklich sehr einäugiger Aktionismus, denn da wird der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben.
Im Endeffekt haben wir Verbraucher und Endkunden davon gar nichts, denn auf eine unwahre Behauptung mehr oder weniger kommt es wirklich nicht an.

Also ist das Urteil vom OLG Köln kein Grund zur Freude, sondern völlig irrelevant.
Aber leider wird das kaum jemandem auffallen. Viele werden sich eher denken: Endlich passiert da mal was. Und werden sich zufrieden zurücklehnen, Werbung schauen und sich weiter belügen lassen.
Operation gelungen, Patient tot. Zensursula wäre höchst erfreut, wenn die Nummer bei ihr so abgelaufen wäre.

Ich frage mich nun: Bin ich der Einzige, dem das auf die Nüsse geht? Oder vielleicht sogar einer der Wenigen, denen sowas überhaupt auffällt?
Nervt es keinen, wie wir immer wieder manipuliert werden? Sind wirklich alle so abgestumpft, dass sie es nicht mehr checken?

In der Hoffnung, dass es nicht jedem am Arsch vorbei geht, schreibe ich diesen Rant darüber. Vielleicht merkt ja jemand daraufhin auf. Vielleicht sogar mal jemand, der im Lotto gewonnen hat und sich eine dicke, fette Klage gegen einen der Werbelügner leisten kann.
Das wäre ein Traumergebnis.
Aber ich bin auch schon zufrieden, wenn der eine oder andere bei der nächsten Werbepause mal die Stirn krauszieht und sich fragt, was er sich da für einen Haufen Scheiß gibt. Irgendwo muss man ja anfangen, ne?!


In diesem Sinne…
…danke, dass Sie bei der besten, wahrsten und unvoreingenommensten Nachrichtensendung eingeschaltet haben, wo es geben tut. Und seriös ist sie auch. Total!
;-D

Dienstag, 13. August 2013

Dafuq des Tages - Warum nicht immer so?

Ich komme in letzter Zeit viel zum Schreiben. Nur leider werde ich dafür bezahlt und außer den Leuten, die das tun, darf es dann keiner sehen… Naja… Sozusagen. Da es Texte für kommerzielle Projekte sind, sieht es natürlich ein Haufen Leute, aber ich darf nicht drauf zeigen und sagen: Das ist von mir. Sonst würden die Leute ja erfahren, dass Herr Macrohard oder Frau Sonsang ihre Produkte nicht mit eigenen Worten beschreiben.
Aber egal. Ich sage das nur, um mich mal wieder für die Stille zu entschuldigen, die herrscht. Und wahrscheinlich interessiert das kein Schwein, weil ich sowieso kaum Leser außer all meinen gespaltenen Persönlichkeiten haben.

But them fucking appreciate the effort… !

Heute wollte ich aber mal wieder was loswerden, ohne es aufzuschieben. Und es geht mal wieder um Werbung.
Um nicht weiter vorzugreifen hier erst einmal der Link:


Und nun zu dem Grund, weswegen das ein Dafuq-Moment für mich war. Natürlich straight to the point - also in etwa anderthalb Seiten…

Ich muss zugeben: Ich mag Christian Ulmen. Der Mann ist wandelbar und in seinen Rollen glaubwürdig. Oder besser gesagt so unglaubwürdig, dass man schon fast wieder glauben kann, das die Figuren tatsächlich existieren.
Seine Charaktere sind so abgefuckt, dass er vermutlich ein richtig netter Mensch ist, weil er seine dunklen Seiten quasi beruflich ausleben darf.
Ja… Ich kann sagen: Ich mag ihn und finde ihn auch witzig.

So eine Sache wie diese Rügenwalder Allstars Geschichte ist natürlich pures Product Placement. Aber… Dafuq! Gut gemachtes Product Placement ist mir eine Milliarde Mal lieber als beschissene heile Welt Szenarien mit einer Familie im Garten, wie sie nirgendwo existiert, die sich in liebevoller Verehrung von Rügenwalder Teewurst suhlt.
Werbung ist verlogen, manipulativ, unehrlich, nochmal verlogen und vor allem ja auch fast immer zumindest teilweise unwahr. Werbung ist eine Frechheit, die angesichts dessen, was so alles verboten ist, völlig unverständlicherweise legal bleibt.
Solange sie von großen Konzernen finanziert wird, jedenfalls… Wenn mal ein kleiner Onlinehändler in eine Artikelbeschreibung packt, dass seine Lampe mit einem CE-Zeichen versehen ist, dann ist das gleich Werbung mit Selbstverständlichkeiten und kann teuer abgemahnt werden. Aber wenn Spee behauptet, mit allen Flecken fertig zu werden, dann ist das okay.

Der Grund: Weil es nicht selbstverständlich oder teilweise unwahr ist, sondern völliger Bullshit. Und wäre kompletter Bullshit illegal, würden unsere Politiker und Wirtschaftsbosse alle im Knast sitzen. Also muss das legal sein, während die Wahrheit illegal ist, wenn sie bereits klar auf der Hand liegt und nur noch einmal sicherheitshalber erwähnt wird.
Logisch, oder?

Aber… guess what:
Bei dieser Werbung hatte ich keinen - k-e-i-n-e-n - Grund mich aufzuregen. Es war eine zweieinhalb minütige Comedyshow, die eine Marke thematisiert hat. Ja. Da waren durchaus lobende Erwähnungen der Marke eingewoben. Aber sie wurde auch auf die Schippe genommen. Die Dinge haben sich ausgeglichen.
Insgesamt wurde ich blendend unterhalten. Das war in den vergangenen Wochen die dritte Werbeeinblendung auf YouTube, die ich mir tatsächlich angesehen und angehört habe. Sonst schalte ich stumm und schaue nicht hin, wenn ich nicht nach 5 Sekunden - die eigentlich eher was um die sieben bis acht Sekunden sind - weiterklicken darf.

Hm? Die anderen beiden? Na die Trailer für Pacific Rim und Sharknado natürlich. Trailer sind gut. Trailer sind wichtig. Davon darf es ruhig mehr geben.
Und Sharknado ist Kunst. Basta!
Aber zurück zum Thema…

Ja. Diese Werbung hat mir gefallen, dafuq!
Ich gebe einen Scheiß auf Rügenwalder. Für mich schmeckt die Wurst aus dem Supermarkt weitgehend gleich und kommt niemals an die vom Schlachter ran. Aber weil Schlachter aussterben, nehme ich dann halt auch Abgepacktes. Und da darfs dann gerne Aldi-Eigenmarke sein. Scheiß drauf.
Aber ich gebe eine Menge darauf, ob mir die Werbung einer Marke auf die Nüsse geht. Ich boykottiere Marken, die mir so richtig penetrant auf den Sack gehen oder deren Werbekonzepte völlig daneben sind. Meine Art von zivilem Ungehorsam. Irgendwie müssen die schließlich bestraft werden, wenn sie versuchen, mir das Hirn zu verquirlen.
Und im Umkehrschluss bin ich Marken gegenüber wohlwollend, die sich Mühe geben und mich nicht mit komischer Reality-TV-Kacke oder Unverschämtheiten in ihrer Werbung belästigen. Ich unterziehe das Produkt dann einem wohlwollenden Test und kaufe es gerne, wenn es was taugt.

Und so, wie diese Rügenwalder Werbung mich nun gut unterhalten hat, probiere ich deren Teewurst dann vielleicht mal wieder. Könnte ja eine veränderte Rezeptur haben. Ist jedenfalls einen Versuch wert.

Generell finde ich, dass es weitaus mehr Werbungen geben müsste, die unterhaltsam sind und nicht nur auf platte Weise irgendwelche Emotionen zu wecken versuchen. Und es ist ein Unding, dass man zum Werbung schauen gezwungen wird. Sei es bei YouTube oder bei Sky HD oder wo auch immer.
Witzige Werbung schaue ich mir gerne an. Also sollten die Firmen einem nicht den beschissenen Mist auftischen, den sie heutzutage so fabrizieren, sondern gezwungen werden, sich mal was Vernünftiges einfallen zu lassen. Und zwar indem man schlechte Werbung einfach wegklicken kann. Auf Knopfdruck.
Wer dann mit seiner Werbung gesehen werden will, der muss sich eben ins Zeug legen und herausfinden, was die Leute wirklich mit der Marke in Verbindung sehen wollen.

Ich für meinen Teil fände das fair. Mist produzieren auch die Privatsender mit ihrem Scripted-Reality Scheiß. Es würden also vermutlich ach weiterhin genug Leute ziemlich dämliche Werbung schauen. Aber die anspruchsvolleren Kunden könnten sich das ersparen und würden vielleicht sogar eine neue Zielgruppe ergeben.
Werbung und Produkte für Nicht-Gehirnamputierte… Das wäre doch mal was, oder?!

So oder so… Diese Werbung hat mir gefallen und sie hat es geschafft, der Marke einen positiven Beigeschmack zu geben. Metaphorisch jedenfalls. Mal sehen, ob die Worscht das auch hinbekommt.
So sollte Werbung sein und so schaue ich mir die gerne an. Sogar mehrfach, solange es nicht bei JEDEM Video und in JEDER Werbeunterbrechung ist. Das nervt dann auch schnell…

Damit habe ich auch schon fertig. Doch nicht so lange geworden.

In diesem Sinne…
…traumhaftes Wurstbrot zum Abendessen, wünsche ich!