Noch immer schaue ich mir gerne mal auf YouTube Sachen
wie LeNews von LeFloid an. Ich bin bei Weitem nicht immer auch nur ansatzweise
einer Meinung mit dem jungen Mann, der mir manchmal ein wenig zu unreflektiert
urteilt. Aber das kann man sicherlich auch über mich sagen.
Normalerweise winke ich solche Gedanken also ab. Er hat
schließlich einen Channel und sein Erfolg basiert zu einem gewissen Teil auf
Polarisation und Plakativität.
Heute muss ich allerdings mal Korinthen kacken, nachdem
ich mir ein Thema etwas näher angesehen habe…
Ich bin es aus den allgemeinen ‚Nachrichten‘ gewöhnt,
dass ich nicht die ganze Wahrheit erfahre. Es ist einfacher, eine saftige
Schlagzeile zu formulieren, wenn man mildernde Umstände des Falles oder
zusätzliche Informationen, die alles in einem anderen Licht erscheinen lassen,
einfach weglässt.
Die Bildzeitung ist berüchtigt für sowas, aber meiner
unbescheidenen Meinung (und einigen stichhaltigen Aufdeckungen diverser Einzelpersonen)
nach tun sie es alle. Egal ob sie nun öffentlich-rechtlich oder privat,
boulevard oder seriös sind.
Bei einigen jugendlichen Newsformaten im Netz hatte ich
allerdings den Eindruck, man würde sich tatsächlich um Wahrheitsgehalt bemühen
und versuchen, es anders zu machen.
Ja… Auch in meinem Alter kann man noch naiv sein…
Ich will LeFloid und anderen jetzt gar keine gravierenden
Vorwürfe machen. Der fragliche Fall ist ziemlich haarig und die öffentliche
Meinung ist ziemlich eindeutig. Es ist ein schnell dahin rasender Zug und wer
nicht darauf aufspringt, riskiert reichlich Zorn seitens besagter Allgemeinheit.
Perfekt für mich, oder? ;-D
Um zur Sache zu kommen: Es geht um folgende ‚Newsmeldung‘:
(Startzeit für die fragliche Sache bereits eingestellt.)
Sieht auf den ersten und sogar zweiten Blick ziemlich
eindeutig aus. 30 Tage Haft für einen Vergewaltiger. Buuhh!
Aber auf den dritten Blick wird’s dann irgendwie…
schwammig, finde ich.
Zum einen war der Täter seit der damaligen Tat im Jahr
2008 bereits in psychologischer Behandlung. Er stand unter Beobachtung und
wurde betreut. Er war nicht ‚frei‘ im eigentlichen Wortsinn.
Er hat sicherlich auch keine Strafe dabei abgesessen,
aber er hat auch nicht unbehelligt in den Tag hinein leben können. Und rein
rechtlich zählt so eine Therapie schon etwas. Auch wenn natürlich die meisten
Leute meinen, einem Vergewaltiger und Kinderficker stünde nur eine Endlösung
als Therapie zu.
Nun hat der Richter beschlossen, in nur noch für 30 Tage
einsitzen zu lassen. Der Täter wird wohl weiter therapiert und er hat knackige
15 Jahre Bewährung, in denen er weiterhin unter Beobachtung steht.
Für einen Vergewaltiger noch immer eine viel zu milde
Strafe, sagen die Allermeisten. Aber ich behaupte, dass man nur mal genauer
hinsehen müsste, um die geforderten 20 Jahre Haft ebenfalls als ziemlich
unpassend zu betrachten.
Zumindest in einem Rechtssystem, das noch immer dem
verfickten Grundsatz ‚in dubio pro reo‘ folgt.
Sicherlich ist es korrekt, dass in Montana per Gesetz
gilt, dass ein unter 16-jähriger Mensch keinen einvernehmlichen Sex haben kann.
Und wenn wir mal für einen Moment den gegebenen Fall vergessen, ist das
ziemlich beknackt.
Wenn zwei 15-jährige Teenager Sex haben, vergewaltigen
sie sich nämlich demnach gegenseitig. Und das ist… völlig banane.
Aber Gesetz ist Gesetz und deswegen - ja, richtig:
DESWEGEN - ist der Mann für Vergewaltigung verurteilt worden.
Hört man sich den Richter an, hatte der offenbar
ordentliche Zweifel daran, dass es eine Vergewaltigung nach den ansonsten
geltenden Voraussetzungen war. Er ging offensichtlich von einem Einvernehmen zwischen
Täter und Opfer aus, das nur wegen des Wortlauts des Gesetzes nicht vor Gericht
zählt.
Und wenn es eine Vergewaltigung aufgrund gesetzlicher Formalitäten
war, bei der das Opfer eigentlich sehr wohl rummachen wollte und nur aus
Altersgründen nicht durfte, sind Zweifel an einer knallharten Haftstrafe
ziemlich angebracht, finde ich.
Das ist nämlich der verdammte Job des Richters. Er muss
nicht den Rachedurst des Volkes befriedigen, sondern gerechte Urteile fällen,
die im Zweifel (in dubio) milde für den Angeklagten ausfallen (pro reo).
Wenn ein begründeter Zweifelbesteht, dass da jemand zu
etwas gezwungen wurde, dann ist es nicht die Aufgabe eines Richters, zu
beurteilen, wie beknackt ein Techtelmechtel zwischen einer 14jährigen und einem
48-jährigen ist.
NATÜRLICH ist das keine vernünftige Beziehung. Und
Gesetze zum Schutz Minderjähriger machen auch durchaus Sinn. Aber bei einem
Bruch der Gesetze ohne eine konkrete Schädigung von irgendwem kann man doch
bitteschön keine ZWANZIG Jahre Haft verhängen.
Das steht doch in keinem Verhältnis zum Raum! (Um den zu
verstehen, müsste man Sonnenallee gesehen haben. ;-) )
Ob oder ob nicht Cherice Moralez und Stacey Rambold eine ‚richtige‘
Affäre miteinander hatten, können im Grunde nur die beiden wissen. Der Richter
muss den Fall betrachten, wie er sich darstellt. Und ich applaudiere
tatsächlich Richter Baugh für das mutige Urteil.
Leider konnte er das Opfer nicht mehr selbst befragen,
denn die junge Dame hat sich 3 Jahre nach der Sache das Leben genommen. Und
hier liegt für mich übrigens der Hase im Pfeffer, der meine Nase gehörig jucken
lässt…
Die Mutter von Cherice ist überzeugt, dass ihre Tochter
sich wegen der Vergewaltigung das Leben nahm. Aber ohne der Mutter zu nahe
treten zu wollen: Ihre Tochter hatte mehrfach Sex mit ihrem Lehrer. Und anfangs
hats keiner gemerkt.
Natürlich sucht die Mutter einen Schuldigen. Und sie
findet ihn in besagtem Lehrer. Das ist der einfache Weg.
Sich einzugestehen, dass etwas schon ziemlich in
Unordnung ist, wenn sich ein Teenager in Richtung erheblich älterer Männer
orientiert und dass womöglich der Haussegen ziemlich schief hing, wäre der sehr
viel unangenehmere Weg. Und den geht der Mensch ja bekanntlich ungern.
Und die Schuld an dem Selbstmord bei psychischem Druck zu
suchen, wie er von allen Seiten auf das Mädel einwirkte, nachdem der Fall schon
längst öffentlichkeitswirksam ausgeschlachtet worden war, ist auch nicht so
dolle.
Schließlich gäbe es dann nicht nur einen Schuldigen,
sondern Hunderte oder Tausende.
Was wirklich geschah und wie die Dinge sich dargestellt
haben, wird nun niemand mehr erfahren. Nur Ex-Lehrer Rambold weiß es noch. Und
der wird sich in seinem Kopf die Dinge auch ein wenig zurechtgebogen haben,
sodass man auf eine Autobiographie von ihm nicht zu warten braucht. Die
Wahrheit ist verschütt gegangen.
Was bleibt ist eine Hexenjagd. Der Richter soll abgesetzt
werden, weil er ein unmögliches Urteil gefällt hat. Er ist jetzt der neue Arsch
in der Geschichte. Obwohl er offenbar seinen Job zu machen versuchte.
Hat er sich bescheuert ausgedrückt, als er davon sprach,
dass das Mädel reifer wirkte und Ähnliches?
Hat er. Aber das ändert nichts daran, dass er nach einem
Rechtsprinzip entschieden hat, das uns allen lieb und teuer sein sollte. Denn
ohne dieses Prinzip stehen wir bald alle wegen Terror- oder Spionageverdacht
vor irgendeinem Kadi, wenn wir mal das falsche Wort in der falschen
Unterhaltung benutzen.
Ich weiß nicht, ob es eine Vergewaltigung gab. Und
Richter Baugh weiß es wohl auch nicht.
Aber wie ich weiß wohl auch er, dass es nicht
unvorstellbar ist, das ein 14-jähriges Mädchen sich an einen 48-jährigen Mann
ranmacht. Und dass sie womöglich auch den kompletten Weg bis zur ‚third base‘
und darüber hinaus geht.
Als ich 14 war, wäre ich diesen Weg mit einigen Frauen
auch gegangen. Und ein paar davon waren deutlich über 30. Nur war es damals nicht
so, als hätte ich einen lolitahaften Charme im Repertoire gehabt…
Man mag jetzt denken, dass ich die Sache hier ins
Lächerliche ziehen will. Aber ich meine das ernst und gehe in einem ‚Thoughtson‘ gleich noch darauf ein.
Dieser Beitrag dreht sich aber eher um Rechtsprechung,
Medien-Meinungsmache, elterliche Selbstherrlichkeit und Lynchjustiz.
Es wäre wirklich schön, wenn die Dinge immer einfach
schwarz oder weiß wären. Sind sie aber nicht.
Stacey Rambold hätte erfahren und beherrscht genug sein
sollen, nicht dem Charme einer so jungen Frau zu erliegen. Aber er ist kein Kinderschänder
oder Vergewaltiger, weil es ihm passiert ist.
Ein Kinderschänder ist er so oder so nicht, selbst wenn
er geschändet haben sollte. Und Vergewaltigung setzt der Logik nach voraus,
dass die Partnerin nicht wollte. Egal, was ein dämliches Gesetz dazu meint.
Ist das nicht gegeben, hat sich der Mann dennoch etwas
zuschulden kommen lassen. Und das ist es, was ich aus der Urteilsbegründung von
Richter Baugh auch herauslese.
Es wurde falsch gehandelt und es wurden Gesetze gebrochen.
Dafür ist eine Strafe vorgeschrieben.
Aber nachdem der Täter in diesem Fall schon Therapien
macht und von einer ganzen Nation gehasst wird, hat er vielleicht tatsächlich
genug am Arsch und braucht keine zusätzlichen Jahre im Bau. Glücklich wird der
nämlich so oder so nicht mehr in seinem Leben.
Vielleicht hat eine ‚richtige‘ Vergewaltigung
stattgefunden. Aber solange das im Zweifel steht, ist es fucking KORREKT, dass
der Richter darüber vorsichtig urteilt.
Sonst haben wir nämlich ganz schnell Unschuldige in
Todeszellen sitzen und vielleicht auch irgendwann Konzentrationslager für
mutmaßliche Vergewaltiger, wo denen per Nahrungs- und Schlafentzug - die im
Falle eines wirklich total echt begründeten Verdachts ja doch irgendwie
eigentlich keine so richtige Folter sind - Geständnisse ‚erwirkt‘ werden.
Und das ist so lange witzig, bis es mal durch einen
dummen Zufall DICH trifft…
Diesmal denke ich mir deswegen bei der Berichterstattung
und den Reaktionen im Internet:
Use your fucking brains! Benutzt eure verschissenen
Gehirne!
Mal zur Abwechslung, anstatt gleich wieder nach dem
Strick zu greifen und sich auf eine neue Hinrichtung zu freuen. Es könnte -
KÖNNTE - nämlich ganz anders sein, als alle es so gerne sehen wollen.
Die Dinge könnten in diesem Fall ziemlich grau und gar nicht
schwarz oder weiß sein. Und wie gesagt: Im Zweifel FÜR den Angeklagten. Und
nicht etwa im Zweifel den Strick für den Angeklagten…
In diesem Sinne…
…einen nachdenklichen Tag noch.
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