Donnerstag, 20. August 2015

Thoughts on - Hasstiraden gegen Hasstiraden

Seit ich es als Jugendlicher gelesen habe, geht mir ein bestimmtes Zitat nicht mehr aus dem Kopf. Insbesondere in Zeiten wie diesen kommt es verstärkt wieder an die Oberfläche. Es ist aus einem Science-Fiction Roman von 1983 namens Planetaktion Z - Treibjagd im Weltraum von Mark Brandis alias Nikolai von Michalewsky, einem deutschen Schriftsteller.
Es lautet:
Vernichtet den Hass
Zerstört das Vorurteil -
Und die Welt ist heil!

Ich muss da immer wieder dran denken und ich finde durchaus Wahres darin. Aber gleichzeitig läuft es mir auch jedes Mal irgendwie unangenehm den Rücken runter, wenn ich diese Zeilen lese.
Sie passen zu dem Buch, in dem es um überhand nehmende Vorurteile und unbegründeten Hass ging. Ohne zu sehr ins Detail gehen zu wollen, spuckte ein neuer Supercomputer in der Geschichte als Namen für den Täter einer schrecklichen Gräueltat zunächst ein Z aus, das später zu einem Zig ergänzt wurde. Die interstellare Öffentlichkeit stürzte sich daraufhin auf die Zigeuner in der Annahme, sie wären verantwortlich. Nur leider kam dann schlussendlich heraus, dass der Computer den Täter benennen konnte, der Zigansky hieß, wenn ich mich richtig erinnere. Da hatte man die Zigeuner aber schon in Internierungslager gesteckt und der Schaden war angerichtet.
Das Zitat steht am Anfang des Buches. Es wird als Inschrift zu einem Mahnmal beschrieben, das an diese schreckliche Hetzjagd erinnern sollte und man versteht es am Ende des Buches. Es ist in gewisser Weise natürlich inspiriert vom Holocaust und ähnlichen Hetzjagden gegen Minderheiten aufgrund von Vorurteilen und Fremdenhass. Das dürfte nicht schwer zu erkennen sein.
Aber da ist etwas an diesen Worten … Etwas, wovon ich annehme, der Autor hat das so beabsichtigt. Auch wenn es eher Jugendbücher waren, hatte der nämlich einiges auf dem Kasten und konnte sehr subtil Gesellschaftskritik verpacken.

Diese Worte, sie sind auf FALSCHE Weise richtig. Sie stimmen irgendwie, aber die Formulierung ist erschreckend, wenn man mal genau darüber nachdenkt. VERNICHTET den Hass, ZERSTÖRT das Vorurteil und die Welt ist REIN.
Ist Vernichtung nicht ein Akt des Hasses und Zerstörung ein Zeichen des Vorurteils? Kann etwas überhaupt gänzlich rein sein? Sollten wir uns das eigentlich wünschen? Oberflächlich betrachtet scheint es eine gute Sache, aber letztlich scheint mir doch, dass die Hasser des Hasses sich nach gelungener Vernichtung desselbigen dann folgerichtig selbst richten müssten. Der Kampf gegen das Vorurteil führt allzu leicht zu einer vorurteilsbehafteten Haltung bei einem selbst. Und wer bestimmt überhaupt, was Vorurteil ist und was womöglich doch irgendwie berechtigte Ablehnung?

Warum schreibe ich das? Weil ich kein gutes Gefühl dabei habe, wenn ich die Hasstiraden gegen die Hasstiraden gegen Asylanten lese. Ich habe auch kein gutes Gefühl bei den Hasstiraden gegen die Asylanten selbst. Ich habe generell kein gutes Gefühl bei Hasstiraden. Die sind mir zu fundamentalistisch und auch zu dogmatisch. Keine einseitige Position kann jemals gänzlich richtig sein, selbst wenn sie sich nominell dem ‚Guten‘ verschrieben hat. Einseitigkeit führt immer zu Diskriminierung. Und ja, auch die rechtsgerichteten Einwanderungsgegner können diskriminiert werden. Und das ist ebenso wenig richtig, wie deren Diskriminierung anderer Gruppen.
Wem das jetzt sauer aufstößt, der denkt nicht logisch. Es ist schließlich die ablehnende Haltung dieser Rechten gegenüber Minderheiten aufgrund der Tatsache, dass die einfach nur anders sind, gegen die allgemein Stellung bezogen wird. Was ich an und für sich gut und richtig finde. Allerdings nicht, wenn es zu einer Haltung wird, die Rechte ablehnt, weil sie eine andere Meinung vertreten, denn das wäre Diskriminierung. So funktioniert das nicht, wenn es nicht in einer Spirale des Hasses enden soll, die sich am Ende selbst in den Schwanz beißt.

Hass mit Hass zu begegnen - dabei kann nichts ‚Gutes‘ rauskommen. Stelle ich mir mal spaßeshalber vor, es gelänge all die Hassprediger rechter Gesinnung mundtot zu machen oder wegzusperren oder wie auch immer sonst zu beseitigen, dann … wird mir ziemlich flau im Magen. Nicht weil ich auf rechte Parolen stehe, sondern weil ich mich dann frage, welche Ziele sich die siegreiche Bewegung dann sucht. Was wird als nächstes zum Feindbild bestimmt? Wer muss als nächstes bekehrt oder beseitigt werden?
Daran, dass sich eine Bewegung gleich welcher Art nach einem ‚Sieg‘ auflöst, glaube ich nicht. Der Feminismus ist auch noch da und sucht sich immer neue Feindbilder, egal wie absurd sie sein mögen. Warum? Weil der eigentliche Kampf um die gleichen Rechte gewonnen ist und der gesellschaftliche Konsens erreicht wurde. Folgerichtig hätten die Kampfgruppen der Feministinnen keinen Grund mehr weiterzubestehen, wenn nicht künstlich immer wieder einer erzeugt würde.
Und das ist nur ein Beispiel unter vielen. Jede Bewegung, die sich einmal radikalisiert hat, weil sie glaubte, anders ihre Ziele nicht erreichen zu können, legt nicht einfach die Waffen nieder und zerstreut sich nach getaner Arbeit. Man gewöhnt sich an den ständigen Kampf, auch wenn die Gewalt vielleicht nicht physischer, sondern psychischer Natur sein mag. Man gewöhnt sich daran, bei anderen nach Anzeichen Ausschau zu halten, dass sie zum Feind gehören. Man lernt, selbst wie ein Terrorist zu denken, um die feindlichen Terroristen zu vernichten, bis man selbst letztlich diese Denkweise nicht mehr ablegen kann.
Und dann … dann muss eine neue Bewegung entstehen, damit die neuen Terroristen nicht freie Hand haben. Eben diejenigen, die anfangs für Freiheit und gegen Unterdrückung kämpften, werden dann nach ihrem Sieg zu den Unterdrückern und es finden sich Leute, die dagegen vorgehen. Idealisten, die sich irgendwann notgedrungen radikalisieren und die Spirale der Gewalt fortführen.

So wird sich aber nichts verändern. Indem die Worte gegenüber den Asylgegnern und Ausländerhassern immer härter und schärfer werden, verschärft sich letztlich nur der Konflikt. Kein Mensch, der aus irgendwelchen Gründen gegen Ausländer ist, sich vor Überfremdung fürchtet oder um die Erhaltung der eigenen Kultur bangt, lässt sich mit Hasstiraden als Antwort auf seine Hasstiraden von einer anderen Sichtweise überzeugen. Das zumindest ist auch ziemlich logisch.
Toleranz bedeutet nicht, sich gegen Intoleranz zu radikalisieren. Toleranz bedeutet, sich auch gegenüber irrationalen Meinungen verständig zu zeigen und auch unsinnige Ängste zu respektieren - und dem auf einfühlsame Weise entgegenzutreten. Toleranz bedeutet, hinter die Kulissen zu schauen und nicht etwa der Gegenseite die Fresse zu polieren.
Dabei gilt es natürlich, Gewalt in jeder Form zu verurteilen und zu versuchen, sie zu verhindern. Aber das schafft man nicht, indem man Gewalt einsetzt. Prävention beginnt da, wo der Gewaltimpuls im Entstehen begriffen ist und nicht da, wo er ausbricht und zu Taten wird. Und außerdem gehört zur Prävention auch, die eigene Radikalisierung im Auge zu behalten und zu verhindern, denn sonst hat man plötzlich zwei gefährlich radikale Gruppen anstelle von einer.

Diese Idee, die ich da habe, ist nicht neu. Absurderweise findet sie sich sogar im Christentum. Die Idee der Nächstenliebe und die Sache mit der anderen Wange sind letztlich nichts anderes als jahrtausendealte Fassungen genau dieses Gedankens. Was nahelegt, dass schon vor langer Zeit Leute die Lösung erkannt haben, sie aber der Masse nicht wirklich nahebringen konnten. Gut erkennbar an dem, was aus dem Christentum trotz einiger guter Ideen geworden ist, nachdem es sich hinlänglich radikalisiert hatte.
Und da ich nicht dumm bin, erwarte ich nun auch nicht wirklich, mit meinen Worten etwas zu bewirken. Die Masse der Leute, die sich über Ausländer oder über Ausländerfeindlichkeit bis zum Gehtnichtmehr ereifern, sind ganz offensichtlich sehr zufrieden damit, eine Form von Hass ausleben zu können und einen Sündenbock gefunden zu haben. Zu diesen Leuten könnte ich nur auf individueller Basis und mit viel Zeitaufwand durchdringen.
Aber vielleicht stehen einige ja selbst gewissermaßen mitten auf der Frontlinie und zweifeln am gesunden Menschenverstand beider Seiten. Vielleicht gibt es noch andere, die zwar die Ablehnung gegenüber Gewaltparolen der einen Seite teilen, die antwortenden Hasstiraden der anderen Seite aber ebenfalls nicht mögen. Vielleicht hilft das hier jemandem weiter, der sich nicht einfach auf die Seite des ‚Guten‘ schlagen mag, wenn dieses ‚Gute‘ mit der gleichen Art von Knüppel arbeitet, wie das ‚Böse‘.

Ich für meinen Teil kann da nicht mitspielen. Ich glaube an Meinungsfreiheit, auch wenn die Meinung in meinen Augen bescheuert ist. Ich bin gegen Gewalt, und zwar auch gegen deren psychische Variante. Deswegen lehne ich die Herangehensweise der Ausländerfeinde ab, aber die Auswüchse, die das Getue von deren Gegnern annimmt, ebenso.
Wenn jemand Angst vor Überfremdung hat, muss ich das akzeptieren. Ich muss es nicht unterstützen und ich lebe glücklicherweise in einem Land, in dem diese Art konservativer Haltung keine Mehrheit mehr hat, aber ich muss die Existenz dieser überalterten Sichtweise ganz einfach akzeptieren. Ich kann, will und werde mich nicht an Hexenjagden beteiligen, weil ganz einfach niemand eine Hexenverbrennung verdient hat. Nicht einmal der fieseste, schlimmste Neo-Nazi. Ja, nicht einmal ein pädophiler Kindermörder vom Format eines Luis Alfredo Garavito Cubillos.
Um mir selbst im Spiegel in die Augen sehen zu können, muss ich zuallererst einmal selbst die Regeln einhalten. Ich verweigere mich dem Hass in mir und stelle mich meinen Vorurteilen entgegen. Ich leugne nicht, dass beides in mir steckt. Ich bin ein Mensch und habe reichlich Schwächen. Aber als Mensch habe ich auch meinen eigenen, freien Willen und kann entscheiden, nicht meine Angst, meine Vorurteile und meinen Hass über mein Leben bestimmen zu lassen.

Das alles ist mein ganz persönlicher und eigener Standpunkt zu den Dingen, die momentan in all den sozialen Netzwerken passieren und durch die Medien geistern. Den Dingen, die mich dazu bringen, traurig den Kopf zu schütteln, weil sie einfach an allen Problemen vorbeigehen und im Endeffekt nur wieder eine Form der modernen Blutfehde sind.
Ich kommentiere dazu selten und wer sich gefragt hat wieso, versteht es jetzt vielleicht. Oder auch nicht. Ich erwarte das nicht, denn ich habe bereits bei Hardcore-Christen, feministischen Fundamentalisten und Literaturkritikern, welche die eine, objektive Wahrheit zu kennen glauben, meine Lektion gelernt. Aber so ganz unkommentiert kann ich es offenbar doch nicht stehen lassen, wie man sieht.

Vernichtet den Hass
Zerstört das Vorurteil -
Und die Welt ist heil!

Darauf will ich noch einmal zurückkommen, denn das ist es, was sich irgendwie immer beide Seiten in jeder Meinungsverschiedenheit auf die Fahne zu schreiben scheinen. Beide Seiten glauben so fest daran, dass sie absolut recht haben. Sie sind von der Reinheit ihrer Sichtweise völlig überzeugt.
Aber die Wahrheit ist, dass es niemals eine absolut richtige Seite gibt. Die Wahrheit liegt immer im Auge des Betrachters und vermutlich auch immer zumindest ein wenig in der Grauzone zwischen den absoluten Positionen. Objektive Richtigkeit ist ein Mythos, an den nur zutiefst subjektive Menschen glauben können.
Deswegen stehe ich auf keiner Seite in diesem Konflikt und klinke mich aus, wenn die Auseinandersetzung zu radikal wird. Und deswegen rate ich auch allen anderen, sich mal zurückzunehmen und tief durchzuatmen. Allen anderen, egal auf welcher Seite sie sich einsortieren. Ihr dreht gerade so ziemlich alle durch, liebe Leute.

In diesem Sinne …

… fröhliches Weiterstreiten mit dem ideologischen Erzfeind auf nicht sehr hohem Niveau.

Samstag, 1. August 2015

Offener Brief an die Werbebranche

Liebe Werbebranche

Dies ist ein offener Brief an dich. Wir hatten diese Diskussion schon mal und du hast mir letztes Mal nicht zugehört, also hast du mich jetzt wieder an der Backe.
Und wieder beginne ich damit, dass ich grundsätzlich neuen Produkten gegenüber aufgeschlossen bin. Ich bin nicht Barney Stinson. Für mich ist neu nicht IMMER besser, aber neu ist oft leistungsfähiger und bietet mehr Möglichkeiten und deswegen bin ich da echt positiv eingestellt.
Wie ich schon des Öfteren sagte, sind mir Produktpräsentationen also grundsätzlich willkommen. Echt jetzt. Zeig mir dein neues Gadget und was es kann und ich lasse mich vielleicht davon überzeugen, es zu kaufen. Ein neuer PC, doppelt so schnell wie die alte Kiste? Sold. Ein Festplattenreceiver mit doppeltem Speicherplatz im Vergleich zum Vorgängermodell? Sold. Eine Thermoskanne, die Kaffee wirklich heiß hält? Sold. Ein neues, vielversprechendes PC-Spiel wie XCOM2, das auf dem Spielprinzip des Vorgängers aufbaut und unter Einbeziehung von Community-Feedback gestaltet wurde, nachdem der Hersteller außerdem auch noch der Modding-Community einige Aufmerksamkeit geschenkt hat? SOLD.

Was mich interessiert, wenn du, liebe Werbebranche, mir ein Produkt vorstellst, ist das Produkt. Wenn du mir eine Kaffeemaschine zeigst, die mit Pads arbeitet, kannst du dich auf den Kopf stellen und mit dem Arsch La Paloma pfeifen und ich werde sie trotzdem nicht kaufen. Du kannst mir mit hundert Videos vermitteln, dass ich niemals ein umwerfendes Sonntagmorgen-Feelingerleben werde, wenn ich nicht den Kaffee aus deiner Maschine trinke und ich werde dir die Brühe trotzdem ins Gesicht spucken, weil ich nun mal nur Filtertüten-Kaffee aus altmodischen Brühmaschinen mag.
Wenn du mir ein Auto verkaufen willst, kannst du dir so viele Landschaftspanoramen einfallen lassen und so viele halbnackte Frauen auf das Ding legen, wie du willst. Ich BRAUCHE nun mal keine Karre. Ich hab nichtmal einen verkackten Führerschein. Und wenn du ernsthaft glaubst, ich kaufe dir auch nur ein Wort ab, das aus einer deiner Werbungen für Versicherungen stammt, musst du dir das Hirn weggekokst haben. Ich bin fast 40. Ich weiß aufgrund von realer Lebenserfahrung, dass eine Versicherung nur in einem Fall zahlt - wenn sie gar nicht anders kann und unbedingt muss und so wirklich gar keinen Weg darum herum findet.
Ich bin nicht blöd, liebe Werbebranche. Und ich sags dir jetzt nur zu gerne: Die meisten anderen Leute sind auch nicht blöd genug, um auf deine Versprechen so wirklich reinzufallen. Selbst ziemliche Vollpfosten wissen mittlerweile, was eine Werbelüge ist. Also solltest du dein Konzept mit schönen Bildern und völlig aus der Luft gegriffenen Behauptungen zu werben, vielleicht noch mal überdenken.
(Fun-Fact am Rande: Fernsehwerbung darf übrigens praktisch lügen, dass sich die Balken biegen, während ein Onlinehändler nicht nur abgemahnt werden kann, wenn er die Unwahrheit über sein Produkt behauptet. Nein, er kann auch für Werbung mit Selbstverständlichkeiten Ärger kriegen, wenn er Fakten über sein Produkt, die angeblich jeder einfach kennt, mit erwähnt …)

Anyway, was du im Moment tust, liebe Werbebranche, betrachte ich als kontraproduktiv. Und weil ich so ein liebenswertes Kerlchen bin, dachte ich mir: Sags doch, damit sie es erfahren können.
Ich erklärs dir mal Schritt für Schritt: Wenn ich einem Link - beispielsweise von Facebook - folge und auf eine Seite gelange, wo ich mir ein Video zu einem für mich interessanten Thema ansehen kann, dann bin ich an besagtem, für mich interessanten Thema interessiert. Wenn ich auf Youtube lande, ist alles gut, denn ich habe einen Adblocker. Aber auf anderen Seiten erwartet mich ein automatisch startender, halbminütiger Werbespot, den ich verfickt noch mal nicht einmal PAUSIEREN kann, bevor ich an das Video rankomme. Meist unangemessen laut, unangemessen bunt und unangemessen uninteressant, weil sowieso schon tausendmal ignoriert und trotzdem ein paar Mal zwangsläufig gesehen.
Diese Art von Zwang löst bei mir - einem halsstarrigen, eigenbrötlerischen, zickigen, nicht hirntoten Menschen - Aggressionen aus. Aggressionen, die ich ganz klar auf das beworbene Produkt übertrage. Aggressionen, die eine Kaufwahrscheinlichkeit für was für einen Scheiß auch immer von gering auf faktisch nahe Null senken. Aggressionen, die mich zudem oft genug das Handtuch werfen lassen, weil ich mir keine halbe Minute Werbung geben mag. Weil ich eine Seite, die so etwas für nötig hält, um sich zu finanzieren, nicht als vertrauenswürdig erachte. Weil ich mir darauf basierend denken kann, wie gut recherchiert der Beitrag dann wohl sein mag. Weil ich letztlich die Infos, die ich suche, dann auch in Textform finden kann, da ich des Lesens mächtig bin. Und bei Texten kannst du zwar Werbung davorschieben, aber du musst mir auch ermöglichen, die wegzuschieben, sonst würde der Text keinen Sinn ergeben. Seiten, wo sogar das nicht möglich ist, suche ich garantiert kein zweites Mal auf.

Was ich dir sagen will, liebe Werbebranche, ist: DU NERVST.
Deine penetrante Art, Werbung in meine Fresse zu drücken und mich zwingen zu wollen, sie auch anzusehen, bevor ich was auch immer erblicken darf, macht dich zu einem meiner ganz persönlichen Lieblings-Arschlöcher. Du erreichst einen genau gegenteiligen Effekt zu dem, den du anpeilst und du peilst das nicht einmal. Du schreckst Kunden davon ab, deine beworbenen Produkte zu kaufen, anstatt es ihnen schmackhaft zu machen. Du kapierst offenbar nicht, wie die jüngste Generation funktioniert und uns Ältere hast du so nachhaltig verprellt, dass du uns wahrscheinlich nie mehr zurückgewinnen kannst.
Und dabei wäre es so einfach. Beispielsweise könntest du ein gutes PRODUKT produzieren, das durch Qualität überzeugt. All das Geld, das in die Werbung investiert wird, könnte die Produktion aus indischen Kinderfabriken in die Hände anständig bezahlter Facharbeiter mit Krankenversicherung und Altersvorsorge verschieben und außerdem das Produkt selbst verbessern. Anstelle von immer dünner, härter und rissiger werdendem Klopapier mit immer weniger Blatt pro Rolle zum gleichen Preis könnte der Scheiß BESSER werden, weil die Fertigungstechniken sich verbessern. Die Leute würden dann sagen: Oh Mann, das Klopapier von XYZ ist ein Traum. Sie würden FREIWILLIG und KOSTENLOS durch Schwärmerei für das Produkt werben.

Und wenn es dann doch unbedingt Werbung sein soll, weil man ja irgendwie das Produkt bekannt machen muss, dann wäre sehenswerte Werbung ja vielleicht mal ein Ansatz. Versuchs mal kurz und knackig, wie bei einem Vine. Sechs Sekunden würde ich mir geben, wenn ich Werbung anschauen müsste. Und sechs Sekunden sind auch genug, um Neugier auf ein Produkt zu erzeugen, wenn es denn Neugier verdient hat. Wenn es einfach nur generischer Scheiß ist, reichen aber auch keine 60 Sekunden, um mich neugierig zu machen.
Mach witzige, unterhaltsame, sehenswerte Werbung, die ich mir gerne ansehe, weil der Spot an und für sich sehenswert ist. Mach Werbung, die von Leuten auf Youtube geteilt wird, weil sie einfach nur gut oder witzig ist. Lern von Kondomherstellern wie Durex, deren Werbung du überall auf YT finden kannst, weil sie ein wenig verrucht oder frech ist. Oder lass wenigstens einen Ford Ka eine animierte Taube mit der Motorhaube wegboxen, sodass ich fies kichern kann.
Du siehst, es GIBT Webung, die ich mir auch nach Jahren noch merken kann. Und ich assoziiere positive Erinnerungen damit. Weil die Werbung gut und lustig oder auch mal intelligent oder frech war. Es gibt solche Werbung, aber natürlich muss man etwas Gehirnschmalz investieren, um sie zu erschaffen. Einfach nur was hinrotzen, was natürlich qualitativ zu einem in China möglichst spottbillig hergestellten Drecksprodukt passt, gewinnt bei mir keine Blumentöpfe. Nein, es beleidigt mich. Und ich kaufe nicht bei Leuten, die mich beleidigt haben oder eine Beleidigung mir gegenüber beauftragt haben. Da bin ich eigen.

Ich weiß, dass du mir nicht zuhören wirst, liebe Werbebranche. Ich weiß, dass es dich einen Scheiß interessiert, weil du gar nicht erfasst, dass du mit mehr Kreativität auch bessere Ergebnisse erzielen könntest. Deine Werbeideen sind wie deine Produkte - billiger Importscheiß.
Aber ich habe es dir gesagt und du kannst dich nun nicht mehr beschweren, dass der Zusammenbruch deines Kartenhäuschens der schillernd bunten Werbewelt völlig ohne Vorwarnung gekommen wäre. Die gegenwärtig jüngste Generation oder irgendeine danach wird dich in der Form, die du gegenwärtig hast, abschaffen, weil du nur noch nervst. Und ich werde dir mit freudig ausgestrecktem Mittelfinger nachwinken, weil ich dich nicht ein bisschen vermissen werde.
Das haste dann davon. :-P

mit einem unechten Kinderriegel-Lächeln und einer nicht näher spezifizierten Geste zum Ausdruck des Gegenteils von Wertschätzung als Gruß

ein mittlerweile wirklich genervter Nicht-Kunde